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DIE FABELHAFTE WELT DES DR. CADÉOT

Ein Film von Ulrike Pfeiffer
Produziert von TAG/TRAUM Filmproduktion Köln

Der charismatische Tierarzt Dr. Jean Cadéot und die von ihm nahezu immer zitierten Tierfabeln von Jean de la Fontaine entführen die Zuschauerinnen und Zuschauer in die entschleunigte Welt der wild-schönen Gascogne im Südwesten Frankreichs, in der urwüchsige Winde das reale Geschehen durcheinander wirbeln. „Die fabelhafte Welt des Dr. Cadéot“ ist ein Film, der sich auf magische Weise mit der Sehnsucht nach einfachen und überschaubaren Verhältnissen beschäftigt.

Ein alter charismatischer Tierarzt öffnet uns die Tür zu seinem kleinen Universum, eine verlorene Welt, die Sehnsucht nach Entschleunigung, Reduktion und Menschlichkeit weckt. Dr. Cadéot lebt in der Gascogne, einer der einsamsten Gegenden Frankreichs. Der drahtige alte Mann, der auf wundersame Weise beinahe jugendlich wirkt, ist nicht irgendein Tierarzt, er ist etwas Besonderes: „Il est une vedette“ – er ist ein Star –, sagen die Leute.

Die Dokumentation begleitet Cadéot bei seinen täglichen Arbeiten in der Praxis, (die in seinem Wohnzimmer untergebracht ist), wo er Tiere auf dem alten Holztisch mit Wachstischdecke behandelt, wie auch bei externen Terminen mit Tierpatienten, die er in den umliegenden Dörfern aufsucht. Cadéot ist immer bereit, einem Tier zu helfen, ob Tag oder Nacht – nicht selten vergisst er sich dabei selbst.

In diesem noch geschützten Raum beschäftigt sich der Film mit menschlichen Bedürfnissen und erzählt über die Beziehung von Mensch und Tier. Dazu greift er auf den Schatz der Tierfabeln zurück.

Wie sich die Jahreszeiten in der rauen, urwüchsigen Gascogne wiederholen, wie es Tag und Nacht gibt, Sonne und Regen, wiederholen sich die Tagesabläufe unter anderen Umständen – so als würde man die Dinge immer wieder in einem anderen Licht betrachten.

Die dokumentarische Beobachtung geht unmerklich in die Welt der Imagination über, Sein und Schein changieren, verbinden und bedingen sich. Wenn es stürmisch wird, wenn der Wind heult und sich die Wetterfahnen auf Cadéots Taubenturm quietschend in Bewegung setzen, wechselt die Erzählung in eine wunderliche Welt. Gedanken und Geschichten schweben in Cadéots aus der Zeit gefallenem Reich. Es ist, als würde der Sturm das reale Geschehen durcheinanderwirbeln.

Die feinsinnigen, nicht sentimentalen Kompositionen von Ausnahmemusiker Helge Schneider geben dem Film überraschende, kontrapunktische Impulse.

Dr. Cadéot am Schreibtisch

Über den Film

Die menschliche, subjektive Seite, die Gefühle sind genauso wirklich wie die sogenannten Fakten. „Dr. Jean Cadéot nicht irgendein Tierarzt, er ist etwas Besonderes: „Il est une vedette“ – er ist ein Star, sagen die Leute in seiner Gegend. Die Geschichten, die über ihn erzählt werden, ranken sich um ihnwie ein Lorbeerkranz. Cadéot riskiert Außergewöhnliches und hält sich nicht an Regeln. Er geht immer den direkten Weg, was ihn in jeder Situation glaubwürdig macht. Cadéot öffnet uns ein Fenster und damit einen Blick in seine Welt. Manches in seinem Leben erinnert an die berühmten Geschichten von Hugh Lofting über den Tierarzt Dr. John Dolittle, der die Sprache der Tiere erlernte, um ihnen besser helfen zu können. Aber Cadéots Physiognomie ist genau das Gegenteil: Seine hagere Gestalt ähnelt eher Karl Valentin, was sich in seinem Improvisationstalent zeigt, indem er Zäune mit Kordeln zusammenhält oder das Wasser für die Schafe bei Sonnenuntergang penibel genau auf Eimer verteilt – Cadéot verkörpert einen Typus von Menschlichkeit, der rar geworden ist.“ Ulrike Pfeiffer

Es war die anarchische Unordnung in Cadéots Arbeitszimmer, die die Regisseurin zu ihrem Film motivierte. „Eine Unordnung“, so Ulrike Pfeiffer. „aus der ein Funke schlägt, der Phantasien beflügelt,  wie der Nachtfalter auf der bebilderten Tapete in seinem Arbeitszimmer. Dieser Ort verleitet dazu als Bühne begriffen zu werden.“

Ausgehend von der äußeren Wahrheit, von der puristischen Beobachtung von Cadéots Welt, wird seine tägliche Arbeit, sein Umgang mit den Tieren und den Menschen, die ihn umgeben, in langen Einstellungen gezeigt, um die inneren Zusammenhänge, um Cadéots Sinn des Lebens, nicht nur sichtbar, sondern auch fühlbar zu machen.

Das Sonnenlicht, das durch die Fenster oder eine geöffnete Tür in das Innere des Hauses eindringt, beleuchtet punktuell eine in sich geschlossene Welt, die sich in vielen filmischen Details entschlüsselt und manche, scheinbar aus der Zeit gefallene Momente sichtbar macht. Die Beschreibung dieser Welt weckt beim Zuschauer die Sehnsucht nach einfachen, überschaubaren Verhältnissen, die sich in ihrer Schönheit und auch ihrerReduktion anbietet. Als Gesamtbild entsteht eine Wirklichkeit, die zum Weiterdenken anstößt.

So ist auch Cadéots Vorliebe für den Dichter Jean de la Fontaine zu verstehen, in dem assoziative Situationen die Fabelwelt des Dichters in Zitaten aufleben lässt.

Das schöne Licht der Gascogne untermalt diese Zwischenwelten und lässt sie in den Wolken (wie in den Köpfen der Zuschauerinnen und Zuschauer) Gestalt annehmen. Am Ende des Films schließt Cadéot das Fenster wieder. Es wird dunkel und das Universum breitet sich aus.

Ulrike Pfeiffer

VITA

*1951 in Korbach, Kreis Waldeck. Fotografenlehre bei Siegfried Wack in Köln. 1974/78 Studium der Künstlerischen Fotografie an der Fachhochschule für Kunst & Design, Köln. Experimentelle Filmarbeiten bei Gastdozentin Birgit Hein. 1979/84 Studium an der DFFB in Berlin. Seit 1984 Arbeit an eigenen Filmen als Regisseurin und Produzentin, sowie als Kamerafrau und Fotografin. Gelegentlich Gastdozentin für Film an der TU Hamburg Harburg, der HFBK Hamburg und der HFK, Bremen. Seit 2009 Mitglied bei Cinegraph, Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V.

Filmografie der Regisseurin (Auswahl)

Produktion mehrerer Kurzfilme

Umweg, 1982 zus. mit Ute Aurand 16mm Farbe/sw 12min. Eine mit zwei Bolex-Kameras gefilmte Zugfahrt. „In der Montage entsteht eine mäandernde Reise und eine Reminiszens an die Verbindung vom Frühen Kino und Eisenbahn – eine Flanerie auf Schienen.“

Oh, die vier Jahreszeiten, 1988, zus. mit Ute Aurand. 16mm Farbe, 20min. Gegenseitige Inszenierungen auf vier geschichtsträchtigen Plätzen Europas. Die Kamera lässt sich vom Film mitreißen (nicht umgekehrt); sie geht hinein in einen Rausch, der bestehende Räume mit Bewegung, Musik, Kostüm und Blicken verändert. Prolog über Improvisation: Jonas Mekas.

Der Froschkönig von Gazaupouy, 2012, 35mm/Digital, Farbe, 13:33min. Viele Märchen der Brüder Grimm haben einen französischen Ursprung. Bewohner des südfranz.sischen Dorfes Gazaupouy sind die Darsteller des Films. Prof. Dr. Heinz Röllecke: Das Märchen kehrt zum Volk zurück. S

Langfilme

Werner Nekes – Das Leben zwischen den Bildern, 2017, 86 min., Farbe, DCP. Werner Nekes war einer der bedeutendsten Experimentalfilmmacher. Sein Werk umfasst 100 avantgardistische Filme. Damit verbunden ist seine kinematographische Sammlung: 40.000 Objekte der Vorgeschichte des Kinos sowie zu Phänomenen der optischen Wahrnehmung. Der Film zeigt, wie eng Nekes zwischen den Bildern lebte, die ihn umgaben und die er selbst erschuf. In Gesprächen mit Alexander Kluge zeigt er sich als Filmwissenschaftler und Erforscher der Wahrnehmung. Auch die Zusammenarbeit mit Helge Schneider und Christoph Schlingensief thematisiert der Film.

Rokoko, 1997, 35mm Farbe, 81min.

Ein verwahrlostes Schloß und seine Umgebung sind Kulisse für eine sommerliche Geschichte frei nach Carlo Goldoni. Kinder spielen Erwachsene und Erwachsene benehmen sich wie Kinder. Zwischen Brennesseln u. knorrigen Mirabellenbäumen, bewegen sich die Komödiant:Innen mit gepuderten Perücken und farbenfrohen Kostümen durch die Natur. Eine Komische Melange aus Theatertableaus und Scherenschnittposen. Mit Geräuschen, die wie das Erbsengewitter eines Schülertheaters klingen, ergibt sich der richtig-falsche Ton, das Übertriebene, das Affektierte, das Aufgesagte des Rokoko – weil sowieso alles nur Rollenspiel ist. Screenings Auswahl: Museum of Modern Art, New York, Recent Films from Germany; San Francisco, Festival Berlin & Beyond 1998; Köln, Cinemathek, Museum Ludwig,

Shedhalle, Zürich. TV Ausstrahlung Arte 1998, Wiederholung 2000.

Kameraarbeiten

Filme in 16mm, 35mm und Video. Auswahl: Das Oranische Tor, (Reg.: Lily Grote)

Kleines Fernsehspiel. Die Spielregeln, (Reg.Bärbel. Freund), Südwest 3. Die

eigensinnigen Damen, Geschichte der Frauenbewegung, (Reg. M. Eschenbach), WDR, NDR, HR.

Die Fröhliche Wallfahrt, (Reg. Cosima v. Bonin), Kunstraum Daxer.

Ein Bauer der Fotografie, Film über den Kameramann Raoul Coutard, (Reg. Jürgen Heiter,

H.H. Schwarz), La Sept Frankreich, WDR, 3sat.

Der Photograph (Benjamin Katz), (Reg. J. Heiter) 3sat. Long live the poeple of the Revolution, (Reg.: J. Heiter), WDR-3sat; Strom, (Reg. Eva Heldmann), Berlinale 2015.

Portrait Regisseurin Ulrike Pfeiffer
Dr. Cadéots Bruder beim fegen

Stab

Eine Produktion von TAG/TRAUM Filmproduktion
in Koproduktion mit dem Saarländischen Rundfunk
in Zusammenarbeit mit ARTE

Gefördert mit Mitteln von:
Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM)
 MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstei
Film- und Medienstiftung NRW

Buch und Regie: Ulrike Pfeiffer
Bildgestaltung: Robert Falckenberg
Montage: Kawe Vakil 
Colorist: Ronney Afortu, bvk
Ton: Knipp Kühl
Sounddesign: Janis Grossmann-Alhambra, Isa Köroglu
Titeldesign: Undine Siepker
Musik: Helge Schneider
Produzentinnen/Produzenten:
Ruth Ersfeld, Matthias Greving, Gerd Haag, Kerstin Krieg
Redaktion: Natalie Weber (Saarländischer Rundfunk), Sabine Lange (ARTE)

Aufführungen

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Dr. Cadeot mit Lamm